Als Anwälte für Jugendstrafrecht verteidigen wir Jugendliche und Heranwachsende in Bonn, Köln, NRW und bundesweit in allen denkbaren Deliktskategorien.
Das Jugendstrafrecht dient der Reaktion auf Straftaten junger Menschen unter besonderer Berücksichtigung ihres Entwicklungsstandes. Ausgangspunkt ist nicht Vergeltung oder Schuldausgleich, sondern die Erziehung des Täters. Diese Zweckverschiebung prägt sämtliche Verfahrensabläufe, Rechtsfolgen und richterliche Ermessensentscheidungen. Für die anwaltliche Arbeit bedeutet das eine deutlich intensivere Auseinandersetzung mit der Persönlichkeit des Mandanten, seinem sozialen Umfeld und seinen Entwicklungslinien. Die Anwendung materiellen und formellen Rechts erfolgt zwar innerhalb des Systems der Strafjustiz, jedoch mit modifizierten Maßstäben, abweichenden Verfahrenswegen und einem eigenen Sanktionskatalog.
Das Jugendgerichtsgesetz unterscheidet zwischen strafunmündigen Kindern unter vierzehn Jahren (§ 19 StGB), Jugendlichen zwischen vierzehn und siebzehn Jahren und Heranwachsenden zwischen achtzehn und zwanzig Jahren. Jugendliche unterfallen zwingend dem Jugendstrafrecht; Heranwachsende nur nach Maßgabe von Entwicklungsstand und Tatbild (§ 105 JGG). Für die Verteidigung ist diese Zuordnung zentral, da sie über den anzuwendenden Strafrahmen und die Art der Rechtsfolgen entscheidet. Der Verteidiger muss früh Anhaltspunkte zur Reifeentwicklung sammeln und dokumentieren.
Die Ermittlungen orientieren sich am erzieherischen Leitgedanken. Polizei und Staatsanwaltschaft arbeiten eng mit Jugendrichtern und Jugendgerichtshilfe zusammen. Die Jugendgerichtshilfe erstellt Stellungnahmen zur Persönlichkeit, Lebenssituation und pädagogischen Perspektive des Beschuldigten, die häufig erheblichen Einfluss auf gerichtliche Entscheidungen haben. Der Verteidiger muss diese Stellungnahmen antizipieren, eigene Informationen erheben und alternative Hilfskonzepte präsentieren.
Im Zentrum stehen Erziehungsmaßregeln (§§ 9–12 JGG) und Zuchtmittel (§§ 13–16 JGG). Freiheitsstrafe tritt als Jugendstrafe hinzu und ist nur zulässig, wenn schwerwiegende schädliche Neigungen oder die Schwere der Schuld dies erfordern (§ 17 JGG). Die Verteidigung argumentiert primär mit erzieherischen Perspektiven und verweist auf mildere Maßnahmen wie Weisungen, Betreuungshelfer, Arbeitsauflagen oder Verwarnungen. Jugendstrafe bleibt ultima ratio.
Die Öffentlichkeit ist in der Regel ausgeschlossen (§ 48 JGG). Die richterliche Verhandlungsführung ist stärker gesprächs- und persönlichkeitsorientiert. Der Verteidiger bereitet den Mandanten darauf vor, ohne unnötige Preisgabe persönlicher Informationen. Die Zusammenarbeit mit Erziehungsberechtigten ist wichtig, aber konfliktanfällig. Die Verhandlung dient häufig einer ganzheitlichen Beurteilung der Lebenssituation, nicht nur der Tat.
Ein Großteil der Jugendstrafverfahren wird ohne Hauptverhandlung eingestellt (§§ 45, 47 JGG). Maßgeblich sind Reue, Wiedergutmachung, soziale Betreuung und der Eindruck, der Jugendliche habe aus dem Vorfall gelernt. Strategische Verteidigungsarbeit beginnt früh im Ermittlungsverfahren. Hinweise auf sinnvolle pädagogische Maßnahmen steigern die Einstellungschancen erheblich.
Haft ist gegenüber Jugendlichen besonders zurückhaltend anzuwenden. Die üblichen Haftgründe gelten, müssen aber strenger geprüft werden. Der Verteidiger arbeitet auf Alternativen hin, etwa sozialpädagogische Betreuung, strukturierte Auflagen oder Wohnsitzwechsel. Haftbedingungen sind jugendspezifisch, Gespräche mit Eltern und Betreuern werden regelmäßig einbezogen.
Die Entscheidung zwischen Jugend- und Erwachsenenstrafrecht ist zentral und erfordert eine systematische Darstellung und Beurteilung der Reifeentwicklung. Kriterien sind soziale Integration, Impulskontrolle, Selbstständigkeit und Entwicklungsverzögerungen. Die Anwendung des Jugendstrafrechts eröffnet mildere Sanktionen und erzieherische Maßnahmen, während Erwachsenenstrafrecht strengere Rechtsfolgen vorsieht.
Jugendstrafverfahren überlagern häufig schulische, psychologische und sozialarbeiterische Problemstellungen. Jugendhilfeeinrichtungen, Schulsozialarbeit, psychologische Dienste oder Suchthilfen werden regelmäßig eingebunden. Teilweise ergeben sich Schnittstellen zum Kinder- und Jugendhilferecht (SGB VIII), etwa bei familiären Belastungen oder Gefährdungslagen.
Die Verteidigung im Jugendstrafrecht verlangt juristische Präzision und zugleich ein belastbares pädagogisches Konzept. Entscheidender Faktor ist ein strukturiertes Gesamtbild über Herkunft, Schulverlauf, soziale Situation und Zukunftsperspektiven des Mandanten. Dieses Bild ist aktiv in das Verfahren einzubringen, weil es die erzieherische Entscheidungslogik der Jugendgerichte maßgeblich beeinflusst.
Die Vernehmung junger Beschuldigter ist wegen ihrer besonderen Vulnerabilität rechtlich sensibel. Zwar gelten die allgemeinen Vorschriften der StPO, doch verlangt § 67 JGG erhöhte Rücksichtnahme. Vernehmungen sollten möglichst durch speziell geschulte Beamte erfolgen; häufig wird die Anwesenheit der Eltern oder eines Erziehungsberechtigten erwartet, ist aber nicht zwingend. Für die Verteidigung ist entscheidend, frühzeitig Einfluss auf das Setting zu nehmen, weil Jugendliche besonders anfällig für suggestive Fragen, Drucksituationen oder unreflektierte Geständnisse sind. Auch kurze Vernehmungen können belastbare Indizien für Schädigungen der Verfahrensfairness liefern, etwa wenn ein jugendlicher Beschuldigter seine Rechte nicht versteht oder deutlich überfordert ist. Dokumentation dieser Umstände eröffnet Angriffspunkte für spätere Beweisverwertungsverbote.
Die Tatbestandsprüfung entspricht grundsätzlich der des Erwachsenenstrafrechts. Das Erziehungsprinzip wirkt aber mittelbar auf die Schuldfeststellung und die Rechtsfolge. Ein gering entwickeltes Verantwortungsbewusstsein kann nicht die Tatbestandsmäßigkeit entfallen lassen, aber erheblich schuldmindernd wirken. Bei Jugendlichen tritt die Schuldfunktion hinter die Frage zurück, ob eine pädagogische Intervention geeignet ist, zukünftige Straftaten zu vermeiden. Dies eröffnet zusätzliche Argumentationslinien: Entwicklungsdefizite, situative Überforderung und Gruppendynamiken können die Tatmotivation relativieren und mildere Maßnahmen rechtfertigen.
Die Jugendgerichtshilfe ist eine eigenständige sozialpädagogische Instanz und nicht Verfahrensbeteiligte im prozessualen Sinne. Sie erstellt Stellungnahmen, nimmt an Vernehmungen und Hauptverhandlungen teil und spricht Empfehlungen aus. Ihre Einschätzung beeinflusst das Gericht in der Regel stark, insbesondere bei der Frage der Diversion oder der Auswahl von Erziehungsmaßregeln. Für den Verteidiger ist daher bedeutsam, frühzeitig in den Informationsfluss einzugreifen, den Mandanten auf Gespräche vorzubereiten und unzutreffende Bewertungen der Jugendgerichtshilfe zu identifizieren und zu entkräften. Gerade die Beschreibung familiärer Konflikte, Schulabbrüche oder psychischer Belastungen wird oft oberflächlich oder fehlerhaft wiedergegeben und bedarf Korrektur.
Jugendarrest ist ein Zuchtmittel (§ 16 JGG) und unterscheidet sich deutlich von Freiheitsentzug im Erwachsenenbereich. Er umfasst Freizeit-, Kurz- oder Dauerarrest. Die Vollstreckung erfolgt in speziellen Arrestanstalten oder abgetrennten Jugendabteilungen. Der Arrest soll ein kurzer, markanter Eingriff sein, der Einsicht fördert. Für den Verteidiger ist wichtig, dass Arrest zwar milder als Jugendstrafe ist, aber in der Praxis große Eingriffsintensität hat. In vielen Fällen lässt sich argumentieren, dass spezifische Weisungen – etwa Schulbegleitung oder intensive Sozialarbeit – den gleichen pädagogischen Effekt erzielen können.
Der Jugendstrafvollzug ist eigenständig organisiert. Landesjugendstrafvollzugsgesetze verpflichten zur erzieherischen Ausrichtung, individueller Förderung, Schul- und Ausbildungsangeboten sowie intensiver sozialer Betreuung. Der Vollzugsplan ist zentral und wird regelmäßig fortgeschrieben. Der Verteidiger begleitet diesen Prozess und kann bei Fehlentwicklungen durch Stellungnahmen oder Gespräche mit Vollzugsbeamten intervenieren. Unzureichende Förderangebote oder stagnierende Vollzugsplanung sind verwertbare Argumente in Vollzugslockerungsverfahren oder bei Aussetzung der Jugendstrafe.
Die Beurteilung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit ist bei Jugendlichen besonders wichtig, weil Reifeverzögerungen oder Entwicklungsstörungen die Schuldfähigkeit nicht selten beeinflussen. Das Gericht kann ein forensisch-psychologisches Gutachten anordnen. Der Verteidiger muss die Fragestellung präzise eingrenzen und unzulässige Ausforschungen der Persönlichkeit vermeiden. Insbesondere bei Intelligenzminderung, Traumafolgen, Aufmerksamkeitsstörungen, Suchterkrankungen oder Autismus-Spektrum-Störungen ist die sorgfältige Begleitung des Begutachtungsprozesses essenziell.
Der Täter-Opfer-Ausgleich (TOA) ist besonders relevant, weil er unmittelbar den Erziehungsgedanken des JGG erfüllt (§ 10 Abs. 1 S. 3 JGG). Er verbessert die Einstellungschancen im Ermittlungsverfahren und kann gerichtliche Entscheidungen erheblich beeinflussen. Der Verteidiger muss prüfen, ob der Jugendliche in der Lage ist, authentisch Verantwortung zu übernehmen, ohne sich strafprozessual zu schädigen. Der Zeitpunkt der Einleitung, die Auswahl geeigneter TOA-Stellen und eine sorgfältige Einordnung des Ergebnisses gegenüber Staatsanwaltschaft oder Gericht sind entscheidende strategische Schritte.
Viele Jugendstrafverfahren wurzeln in schulischen Problemen, Leistungsabbrüchen, Mobbing oder familiären Belastungen. Kooperation mit Jugendamt, Schulsozialarbeit oder Hilfen zur Erziehung nach § 27 ff. SGB VIII ist häufig verfahrensrelevant. Der Verteidiger muss wissen, welche Maßnahmen dort zur Verfügung stehen und wie sie in das Strafverfahren eingebettet werden können. Dokumentierte Unterstützung im Jugendhilfesystem stärkt oft die Prognose und kann bei drohender Jugendstrafe entlastend wirken.
Jugendstrafverteidigung besteht aus dreifacher Informationsarbeit: juristische Analyse der Tat, sozialpädagogische Erfassung der Lebenssituation und prognostische Argumentation über zukünftige Entwicklung. Das Gericht urteilt nicht primär über die Tat, sondern darüber, welche Intervention den Jugendlichen am besten stabilisiert. Der Verteidiger muss daher ein konsistentes Narrativ entwickeln, das Tat, Persönlichkeit und pädagogische Perspektive miteinander verbindet und klare Alternativen zur intensiven Sanktionierung liefert.
Typischerweise verläuft unsere Mandatierungolgt wie folgt:
1. kostenlose telefonische Ersteinschätzung - rufen Sie uns gerne an und schildern Sie uns Ihren Fall. Wir beraten Sie, welche Schritte als nächstes sinnvoll sind.
2. Sie übersenden uns die Unterlagen zum Fall - entweder per E-Mail, oder bequem über unser Kontaktformular auf unserer Webseite.
3. Wir übersenden Ihnen eine Vollmacht, die Sie gegenzeichnen
4. Wir teilen der zuständigen Stelle (in der Regel die Polizei, die Staatsanwaltschaft oder das Amtsgericht) mit, dass wir Sie vertreten und beantragen Akteneinsicht.
5. Sobald wir Akteneinsicht erhalten haben, besprechen wir den Inhalt der Ermittlungsakte mit Ihnen und entwickeln gemeinsam eine Verteidigungsstrategie.
6. Wir geben entweder eine strategische Einlassung ab, die darauf gerichtet ist, das Verfahren so effektiv und günstig wie möglich für Sie zu Ende zu bringen, oder wir vertreten Sie im Rahmen eines Hauptverhandlungstermins.
Üblicherweise richten sich unsere Kosten nach den Vorgaben des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) - die Höhe hängt vom Vorwurf, vom zuständigen Gericht und Verfahrensstand ab. Sprechen Sie uns gerne an - wir lassen Ihnen gerne eine Kostenaufstellung zukommen.
Selbstverständlichen freuen wir uns, wenn wir unsere Mandanten in unserem Hause begrüßen dürfen. Gleichwohl ist das meist erst dann sinnvoll, sobald die Ermittlungsakte bei uns eingetroffen ist, so dass wir das Wesentliche zu Ihrem Fall besprechen können. Bis dahin bevorzugen wir es, digital und telefonisch zu kommunizieren. Dies erlaubt uns, effektiv und günstig für Sie zu arbeiten.
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Bafteh Schönbrunn van Hattem
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